M05k

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„We Are Here II”, 2020

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Wenn man die Installation „We Are Here II“ von M05K betritt, die er im Rahmen des Fresh A.I.R.-Stipendiums der Stiftung Berliner Leben erstellt hat, ist der erste Eindruck ein Gewirr von Farben und Zeichen, die sich nicht auf die Wände und die darauf gehängten Leinwände beschränken, sondern über den Rand hinausgehen, auf den Boden und die Decke übergreifen, fast den ganzen Raum einnehmen. Zu sehen sind türkise, rosafarbene, gelbe und schwarze Farbflächen, die sich überschneiden, ineinander diffundieren oder einfach enden, bevor sie dem Auge etwas weißen Untergrund zur Erholung frei lassen. Auf den Farbflächen immer wieder Linien, in den gleichen Farbtönen, häufig in Schwarz, die scheinbar in einem wilden Malgestus angebracht wurden.

Hier und da erkennt man simple Formen, wie Kreise, Quadrate, oder auch nur Striche und dazwischen Zeichen, die nicht von allen lesbar sind. Es wurde gemalt, gekritzelt, gesprayt. Das einzige Motiv, das figurativ ist, sich wiederholt und in unterschiedlichen Stilen ausgeführt wurde, ist ein Gesicht oder Teile von Gesichtern (es wirkt eher männlich – aber wer weiß das schon). Immer wieder kann man die Wörter „HERE“ und „WE ARE STILL…“ entziffern. Und ja, es ist nicht zu übersehen, dass hier jemand da war und etwas hinterlassen hat – etwas, das sich der gängigen, oder besser: einer tradierten Vorstellung von Ordnung widersetzt. Überschüssige Farbe hat man einfach herunterlaufen lassen, auf die Holzrahmen der Leinwände sind die Stoffe nur lose festgetackert worden und ein Film, der zur Inszenierung gehört, wird einfach über eine Tür und die angrenzenden Wände drüber projiziert.

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Insgesamt besetzt diese Installation einen konkreten Raum und thematisiert mit dem offensiven Bezug auf die Ästhetik von Graffitis und Subkulturen zugleich den Anspruch auf öffentlichen und privaten Raum generell. Die gewollt unordentlichen Bilder, ihre Referenz auf als Schmierereien und Vandalismus geltende Artikulationen von Jugendlichen und Protestkulturen stehen im Gegensatz zu der Ästhetik von cleanen modernistischen Architekturen, die als Bürogebäude dienen oder Luxusappartements für die Wenigen bieten, die es sich leisten können. M05K ist der Aliasname des Künstlers, der sich hier gegen die Gentrifizierung der Städte und die profitorientierte Vermarktung von urbanem Lebensraum in Stellung bringt. Mit dem Slogan „We Are Here“ erinnert er daran, dass wir immer noch da sind, uns nicht vertreiben lassen. Und doch wird sich M05K die Frage gefallen lassen müssen, wen sein wir eigentlich umfasst und ob nicht auch er mit seiner Kunst (wenn auch unbeabsichtigt) an der Gentrifizierung beteiligt ist?

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Aber Zugehörigkeiten, Kategorisierungen und Herkünfte scheinen erstmal nicht zu interessieren, hier bedient sich einer an allen möglichen Stilen, die das 21. Jahrhundert zu bieten hat. Dabei steht ihm die ganze Breite der Kunst- und Bildgeschichte offen, da trifft die Tradition des Porträts zusammen mit dem Erscheinungsbild des Graffitis der 1980er Jahre. Wie viele andere Künstler*innen aus dem Umfeld von Street Art und Urban Art (z.B. das Graffitikünstlerinnenduo Nomad Clan) zitiert M05K mit einer schematisierten Krone den Künstler Jean-Michel Basquiat (1960 – 88), ein künstlerisch und politisch nach wie vor aktuelles Vorbild, der sich gegen Unterdrückung und Rassismus eingesetzt hat. Wenn man über diese Referenzen reflektiert und die kraftvolle Ästhetik von M05K auf sich wirken lässt, dann möchte man einstimmen und denen, die schon wieder neue Townhouses und Bürogebäude planen, zurufen „Wir sind immer noch da!“

Text: Dr. Kea Wienand


Über M05K

M05K wurde in Amsterdam geboren und ist in Deutschland aufgewachsen. In seinen Arbeiten verbindet er abstrakte und figurative Malerei, Typografie und Post-Graffiti-Komponenten. Als Inspiration dienen autobiografische Erfahrungen als Graffiti-Künstler und als ausgebildeter Grafiker mit Schwerpunkt Illustration. Vorwiegend malt er auf Materialien, die er auf der Straße findet, ist jedoch gleichzeitig auch auf großformatige Wand- sowie auf Leinwandbilder spezialisiert Zusätzlich gibt er kreative Workshops, Vorträge und kuratiert Ausstellungen.

Weitere Informationen über den Künstler unter:

Website / Instagram


Der Online-Showcase von Fresh A.I.R. #3

Fresh A.I.R. Showcase

Der Online-Showcase bietet die Möglichkeit, Einblick in die unterschiedlichen, in den verwendeten Medien und entworfenen Ästhetiken extrem vielfältigen Projekte der Künstler*innen des dritten Fresh A.I.R.-Jahrgangs zu nehmen. 

Zu sehen sind Video- und Bildmaterialien zu den einzelnen Projekten, denen jeweils ein erläuternder Text beigefügt ist, der die ästhetische Erfahrung zu vermitteln sucht.

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