Projektwoche „Deine eigene Geschichte“

Ein Ausstellungsbegleiter von Kindern für Kinder

Charlottenburger Grundschüler präsentieren ihr interaktives Heft am 23. Juni 2015

„Das Wunderbare an Kunst: Man muss gar nicht versuchen, sie zu verstehen. Lasst Euren Emotionen freien Lauf – und lebt sie im Hamburger Bahnhof aus.“ (Udo Kittelmann, Direktor Nationalgalerie Berlin)

18 Erst- und Zweitklässler der Helmuth-James-von-Moltke-Grundschule aus Berlin-Charlottenburg haben sich fünf Tage lang mit den Kunstwerken der Sammlung Marx und der Flick Collection beschäftigt und dabei einen Ausstellungsbegleiter erarbeitet, den Besucherkinder zwischen 6 und 12 Jahren mit in die Ausstellung nehmen können. Am 23. Juni 2015 wurde das 28-seitige Heft öffentlich präsentiert. Das preisgekrönte Projekt „Deine eigene Geschichte“ fand nach der Premiere in der Neuen Nationalgalerie 2014 zum zweiten Mal statt.

Die Schüler gestalten mit ihren Werken den Ausstellungsbegleiter für andere Kinder.

Stempeln à la Warhol: „Ich bin Künstler“

„Wir werfen die Kinder ins kalte Wasser. Sie sind offen, machen alles mit. Meine Schüler sind so gern produktiv tätig.“ (Freya Castles, Lehrerin Helmuth-James-von-Moltke-Grundschule, Otto-Hertz-Siedlung)

Museumsbesuche gehören für die Schüler aus der Paul-Hertz-Siedlung nicht unbedingt zum Alltag. Ganz leise durchs Museum zu gehen und nicht die Wände anzufassen, ist für viele der Sechs- bis Achtjährigen bereits eine große Herausforderung. Im Projekt arbeiten die Kinder deshalb zwischendrin auch ganz praktisch. „Willst Du wie Andy Warhol viele Bilder vom gleichen Motiv machen?“ Stempel basteln, fertig, los: Meki (8) hat sich die gefährlichste Spinne der Welt ausgesucht, Alexander (7) seinen Mischlingshund Charly. Diese Aufgabe findet sich in abgewandelter Form auch im Ausstellungsbegleiter wieder. „Selbermachen ist am schönsten“, verrät Charlotte (7), „Ich habe schon viel über Kunst gelernt. Hier gibt es
auch ein Bild, da wusste der Künstler selbst nicht so genau, was er malen sollte.“

„Deine eigene Geschichte“ für alle jungen Besucher des Hamburger Bahnhofs

„Kinder reden über Kunst ganz anders, viel einfacher. Nach dem verkopften Kunstunterricht in der Schule sucht man ja nur noch den tiefen Sinn hinter den Bildern. Kinder lassen sich begeistern – oder es gefällt
ihnen nicht.“
(Ronny Volkmann (26), angehender Immobilienkaufmann im 2. Lehrjahr)

Besondere Gäste der Präsentation waren zwei Azubis der Gewobag, die gemeinsam mit drei Mistreitern ihr Preisgeld für den BBU-Preis 2015 der Berliner Leben gespendet haben. Wie zukünftig die Besucherkinder
lernten sie durch den Ausstellungsbegleiter neun ausgewählte Werke kennen, die den Hamburger Bahnhof ausmachen – von Bruce Nauman, Joseph Beuys, Andy Warhol, Cy Twombly und Robert Rauschenberg.
Aus den Skizzen und O-Tönen der Grundschüler ist ein kompaktes Heft entstanden – mit Suchaufträgen, Ideen für Geschichten und viel Platz zum Malen für diejenigen, die noch nicht lesen und schreiben können.

Der besondere Moment

„Meine Tochter hat viel zu Hause erzählt. Von Bildern, die ihr gefallen und anderen, die nicht schön gemalt sind. Sie redet viel über alles, was sie sieht. Ich freue mich heute, dieses Museum mit meinen Kindern kennenzulernen. Im Libanon, meiner Heimat, gibt es überhaupt keine Museen mehr. Leider.“
Faten Yassia strahlt: Sie begleitet ihre Tochter Yasmin (7) und hat auch ihren kleinen Sohn Kalin mitgebracht, der noch in den Kindergarten geht. Seit 8 Jahren lebt sie in Deutschland und wohnt mit ihrer Familie am Jakob-Kaiser-Platz.