Praktische Ernährungsbildung 2019

Frieda (5) halbiert beherzt die erste Gemüsezwiebel ihres Lebens. Mit ihrer Kochmütze und Schürze sieht sie sehr professionell aus. „Geht ganz schön schwer. Ist ja auch groß. Aber ich schaff´ das.“ Der neugelernte Tunnelgriff macht´s möglich: Ihre linke Hand hat die Zwiebel fest im Griff und bildet dabei einen Tunnel, mit der rechten setzt sie das Messer vor dem Tunnel an. Als Friedas Augen anfangen zu brennen, legt sie ihr Messer auf dem sogenannten Messerparkplatz ganz ordentlich ab und wäscht sich die Hände. Fredi (5) ist schon ein alter Hase beim Kochen und gehört zu den guten Schneidern in der Kürbisgruppe: „Ich mach das öfter. Hab auch schon mal Kürbissuppe gekocht, aber ohne Grünzeug.“ Die beiden kleinen Köche sind Vorschulkinder in der Lichtenberger Kita Sonnengarten und nehmen am Kochkurs der Sarah-Wiener-Stiftung teil.

Einer der vielen Nachwuchsköche beim fleißigen Schnippeln.

Auch Elias, Elisabeth, Emil, Felix, Fiete, Ida, Mar, Mathilda, Sarja und Theo arbeiten am Mittagessen und riechen, fühlen, schnippeln und schmecken. Die Ökotrophologin Linda von Glahn vom Bildungsprogramm-Team der Sarah-Wiener-Stiftung leitet den Kurs und wird dabei von zwei Erziehern unterstützt. Sie arbeitet dabei ohne erhobenen Zeigefinger: „Das Wort ‚gesund’ erwähnen wir gar nicht. Denn Gesundheit ist für Kinder noch kein Argument. Das Essen soll in erster Linie schmecken. Und wenn es gesund ist, dann schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.“ Die zwölf Kita-Kinder lernen an sechs Terminen Schritt für Schritt, wie aus einzelnen Zutaten ein fertiges Essen wird – und sind mit viel Begeisterung bei der Sache. Erzieherin Isolde Zander: „Unsere Kinder haben in der Küche Ausdauer. Zu Hause erzählen sie viel, kochen die Rezepte nach und zeigen stolz ihrer Familie, was sie gelernt haben, zum Beispiel den Tunnel- und Krallengriff beim Schneiden.“ An einigen Kühlschränken in Lichtenberg hängt neuerdings eine Einkaufsliste für die Kinder. Linda von Glahn: „Wir geben Anregungen, zum Beispiel für die Frühstücksbox. Manchmal denken die Eltern ‚Das mögen die sowieso nicht’ – und jetzt sagt ihr Kind von selbst ‚Ich mag gelbe Paprika´.“

Über das Projekt

In vier Kindergärten entdeckten Vorschüler 2019 neue Lebensmittel und Möglichkeiten der Verarbeitung. In den Kochkursen lernten die Kinder, wie lecker und genussvoll gesundes Essen sein kann. Viele Gerichte wurden anschließend zu Hause nachgekocht, Eltern und Geschwister von der Begeisterung angesteckt. Die Erfahrung zeigt, dass in der Kindheit erlernte Ernährungsgewohnheiten im Erwachsenenalter beibehalten werden. In den Kochkursen erlebten die Kinder ganz praktisch, woher ihre Lebensmittel kommen und wie sie aus ihnen eine frische Mahlzeit zubereiten können. Darüber hinaus stärkt das gemeinsame Kochen Selbstbewusstsein und Gemeinschaftsgefühl gleichermaßen. Auch in Sportvereinen wird die Ernährung bedeutender, denn das Thema Bewegung steht im engen Zusammenhang mit einer gesunden Ernährung. Oft fehlt jedoch das Wissen über die Ernährung selbst und über die Art und Weise, wie Sportlern das Thema Ernährung nähergebracht werden kann. Dazu hat die Sarah-Wiener-Stiftung in einem Workshop im Isigym Boxclub Berlin e.V. in Schöneberg Nord den Bedarf ermittelt und einen möglichen Weg zur Verankerung der Ernährungsbildung im Sport entwickelt.