Joblinge Berlin

Joblinge: Von Nagel zu Nagel

Junge Erwachsene produzieren im November 2016 mit dem Joblinge Programm Filme über die Berufe im Museum

„Anfänglich war es eine Mischung aus Unverständnis, Neugier und Langeweile. Dann war ich überrascht, wie schnell sich die Gruppe auf das Projekt eingelassen hat. Wenn die Teilnehmer mit Neuem konfrontiert werden und Grenzen austesten, spüren sie: Man traut ihnen etwas zu. Überforderung kann auch hilfreich sein.“
(Karin Winzer (40), Bildende Künstlerin und Kunstvermittlerin im Projekt „Von Nagel zu Nagel“)

Gemeinsam mit 12 jungen Menschen zwischen 17 und 24 Jahren, die im JOBLINGE-Programm beim Sprung ins Berufsleben unterstützt werden, wirft Sven (24) eine Woche lang einen Blick hinter die Kulissen eines Museums. Er lernt die Berufsbilder im Haus kennen und produziert darüber einen eigenen Film. Heute schlüpft Sven als Schauspieler in die Rolle des Depotverwalters im Hamburger Bahnhof, den er zuvor getroffen und interviewt hat. „Ich bin Jörg Lange, ich bin einer von zwei Depotverwaltern im Hamburger Bahnhof. Das, was man in einem Museum wirklich sieht, ist nur die Spitze des Eisbergs.“ Schon beim ersten Mal gelingt Sven eine brauchbare Aufnahme, ihm ist die Erleichterung anzumerken. Der im Vorfeld aufgezeichnete O-Ton des Depotverwalters läuft in seinem Ohr mit und Sven gibt vor der Kamera diesen Inhalt mit seinen eigenen Worten wieder. Sven: „Wenn die Linse mich anstarrt und alle ganz erwartungsvoll blicken, ist das schon ungewohnt. Aber es macht Spaß – und jetzt könnte man ja sogar Kameraerfahrung in den Lebenslauf schreiben.“ In der Projektwoche erfährt er sich selbst in ganz unterschiedlichen beruflichen Rollen. Er unterstützt die anderen Teams, die Filme über die Berufsbilder Kurator, Restaurator, Hausmeister und Art Händler produzieren, als Kamera- oder Tonmann und ist in einem Film der Assistent der „Restauratorin“ Atidzhe (17). Das Projekt „Von Nagel zu Nagel“ ist ein neues Format und findet zum ersten Mal statt.

„Ich spiele eine Rolle und diese Verantwortung nehme ich an“

Anne Fäser (40), wissenschaftliche Mitarbeiterin der Staatlichen Museen zu Berlin, hat mit ihrer Kollegin das Format „Von Nagel zu Nagel“ entwickelt und zieht nach der Premiere eine positive Bilanz: „Alle wussten immer genau, was sie wie sie in ihrem Film machen wollen. Es war eine konzentrierte Stimmung und ein guter Umgang miteinander. Die Teilnehmer haben zunächst unsere Kollegen vor Ort bei der Arbeit begleitet und befragt. Dann haben sie selbstständig entschieden, welches Berufsbild sie ausarbeiten wollen und wie sie den Film inszenieren. Es ging um ihre Interpretation des Berufsbildes.“ Nach einem Casting wurde innerhalb der Gruppe abgestimmt, wer im Film in welche Rolle schlüpft. Kann sich Sven nach den Dreharbeiten einen Arbeitsplatz im Museum vorstellen, vielleicht sogar als Depotverwalter? „Ausschließen will ich es nicht. Lager und Logistik standen sowieso auf meinem Zettel drauf.“

Der besondere Moment

„Ich fand es zuerst sinnlos hier. Wir sollen doch einen Ausbildungsplatz finden. Aber die Woche ist doch sinnvoll, weil wir dadurch unsere Stärken kennenlernen. Ich kann gut mit Technik umgehen, die Schauspielerei war toll und wir haben alle zusammen Teamarbeit gemacht und uns gegenseitig unterstützt. Wir haben es hier einfach durchgezogen.“
(Atidzhe (17), eine von zwei jungen Frauen in der Gruppe)

Atidzhe hat die Kunstvermittler beeindruckt: Sofort hat sie sich an der Kamera selbstbewusst ausprobiert und zum ersten Mal in ihrem Leben eine positive Erfahrung im Bereich Technik gesammelt. Auch Interviews mit den Mitarbeitern im Hamburger Bahnhof selbst zu führen, hat sie enorm motiviert. Ihr Berufswunsch steht schon fest: Sie möchte medizinische Fachangestellte werden und später am liebsten Chirurgin.