Fresh A.I.R. #5
Stipendiat*innenausstellung

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Die Stiftung Berliner Leben vergibt mit dem Programm Fresh A.I.R. (Artist-In-Residence) Stipendien an europäische Künstler*innen, die sich mit gesellschaftspolitischen und urbanen Themen auseinandersetzen. Mit der Förderung wird den Stipendiat*innen die Möglichkeit gegeben, während des Aufenthalts neue Impulse aufzunehmen und sich – eingebunden in das Berliner Kulturleben – künstlerisch weiter zu entwickeln. Gleichzeitig geben sie Bewohner*innen der Stadt in Form von Workshops und Veranstaltungen einen Einblick in ihre Perspektive und ihr Können. Die elf Stipendiat*innen des fünften Fresh A.I.R.-Jahrgangs aus insgesamt neun Nationen sind im März 2021 nach Berlin gekommen und haben ihr Stipendium im September 2021 beendet.

So eindrücklich wie überzeugend zeichnet sich die Herangehensweisen der meisten Stipendiat*innen dadurch aus, dass sie als Ausgangspunkt ihres künstlerischen Schaffens in Berlin den Kontakt zu Berliner*innen suchten. Die Bandbreite der Kontaktaufnahmen ist groß, sicher auch als Folge der pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen. So wurden im fünften Jahrgang über Beobachtungen der Berliner*innen in ihrem Alltag Comics gezeichnet oder mittels eines QR-Codes, der im öffentlichen Raum an Parkbänken sowie Zäunen angebracht war, ein erster Austausch für eine partizipative Aktion gestartet. Hierbei war der Ausgang offen, die rund 100 Teilnehmenden entschieden dann letztlich, dass der Müll in den Berliner Straßen das Thema der Arbeit werden sollte. Hinterlassenschaften der Berliner*innen in den Straßen, wie Räder, Holz und ein Kühlschrank wurden auch in einer raumgreifenden Installation als Ausgangsmaterial genutzt.

Die Künstler*innen des 5. Fresh A.I.R.-Stipendienjahrgangs stellen sich vor.

In einer Zeit, in der unsere Gesellschaft droht auseinanderzufallen, wird von Menschen verstärkt nach Gemeinschaft und Zusammenhalt gesucht. Einige künstlerische Arbeiten analysieren diesen Zustand der Ungewissheit und setzten sich mit Menschen auseinander, die abseits des Mainstreams leben und weniger Möglichkeiten hatten, sich zu begegnen. So war ein zentraler Punkt des fünften Jahrgangs die Auseinandersetzung mit den Berliner Subkulturen. Insbesondere Menschen aus der Queer-Community wurden über Facebook-Gruppen oder über Anzeigen kontaktiert. Die daraus entstandenen künstlerischen Arbeiten (Videoprojektion, Installation, Gemälde und Workshops) sind dokumentarisch, partizipativ-aktivistisch sowie phantastisch-fiktional. Immer wieder ging es in den Arbeiten auch darum, wie die Berliner*innen zu ihrer eigenen Stadt stehen und was ihr Leben hier auszeichnet. So wurden für eine Video-Arbeit und für die Erschaffung von Collagen Menschen aus dem Nollendorfkiez und Bewohner*innen von Haselhorst, der ältesten Siedlung der Gewobag, befragt. Ziel der Interviews war es, die Stimmen und Geschichten der Menschen an ihren Wohnorten hörbar und sichtbar zu machen. In Schöneberg-Nord wurden Zitate der Bewohner*innen an Häuserwände projiziert, in Haselhorst sollen die Portraits ebenfalls noch ausgestellt werden. Vielleicht auch als Gegenbewegung der Art und Weise, wie unser Zusammenleben während einer weltweiten Pandemie beschränkt ist, charakterisiert die künstlerischen Arbeiten dieses Jahrgangs, dass sie Berlin und den Berliner*innen trotz aller Widrigkeiten nahegekommen sind.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leser*innen, viel Freude bei der Erkundung der künstlerischen Arbeiten unseres fünften Jahrgangs.

Janine Arndt – Künstlerische Leitung


Fresh A.I.R. #5 Online-Showcase

Rita António

Als Stipendiatin von Fresh A.I.R. #5 erkundet und studiert António Berlin mit den Augen einer Migrantin, einer Reisenden. In ihren Illustrationen und Comics beschäftigt sich António mit den Gewohnheiten der Berliner*innen und Klischeebildern, die über sie existieren – immer mit einem humoristischen Blick.

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Denis Cherim

Cherim interessiert sich für den Dualismus und das, was den Verstand, die Wahrnehmung und die Entscheidungsfindung der Menschen beeinflusst. Mit seinem Projekt „Your Confusion, My Illusion“ versucht er künstlerisch, die Realität als surreal und das Surreale als unsere Realität zu zeigen.

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Vince Donders

In seiner Installation für Fresh A.I.R. #5 stellt Donders ein mögliches Szenario der Zukunft dar. In dieser Zukunft sind die Ressourcen der Erde erschöpft und die Umwelt ist kollabiert. Der Künstler stellt sich vor, wie eine solche Welt aussehen würde und wie man dort überleben kann.

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Aïda Gómez

Gómez beschäftigt sich mit Zigarettenkippen im öffentlichen Raum. In ihrer dreiteiligen Installation nähert sie sich dem unliebsamen Überbleibsel aus unterschiedlichen Richtungen.

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LiHenn

Haselhorst, die ehemalige Reichsforschungssiedlung aus den 1930er-Jahren im Nordwesten von Berlin, ist das Feld des Projekts von LiHenn. Fünf Menschen, die in der Siedlung Haselhorst leben, früher gelebt haben, geboren sind oder wieder dort leben, geben dem Viertel ihr Gesicht und ihre Geschichte.

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Joanna Simson

Simsons Projekt „KIEZ LICHT“ ist eine kuratierte Sammlung von Gedanken, Lebensreflexionen, Erfahrungen und Zeichnungen.

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Hannah Skinner

„Queerness Through Presentation“ ist ein Projekt der Künstlerin Skinner, das die Art und Weise erforscht, wie sich LQBTQA+-Menschen präsentieren und warum ihre Außendarstellung für sie wichtig ist.

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William St Leger

Über ein halbes Jahr hat sich der Künstler St Leger mit den Geschichten von Menschen in Berlin beschäftigt, insbesondere mit ihren Erfahrungen und ihrem Verhältnis zur Scham.

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Antigoni Bunny Tsagkaropoulou

„PinkFullMoon“ von Tsagkaropoulou (Bunny) kombiniert skulpturale Installationen mit fiktiver Poesie und konzentriert sich dabei auf den Begriff der Schwesternschaft, der kollektiven Fürsorge und des politischen Widerstands gegen systemische Unterdrückung und das heteropatriarchale Regime.

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Marjolein van der Meer

„I AM SEVERALI AM SEVERAL“ von van der Meer ist ein elektronisches Musikstück, das in einer Performance mündet. Eine Polyphonie von Stimmen symbolisieren Vielfalt.

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Lotte Reimann

Für ihre Recherche im Rahmen von Fresh A.I.R. #5 taucht Reimann in die lebendige Berliner Kink-Szene ein und beleuchtet kollaborativ die Verflechtung von BDSM und Asexualität.

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